SKULPTUREN

» B i l d h a u e r e i  i s t   d i e   K u n s t ,  m e h r   z u  z e i g e n ,  a l s   m a n   s i e h t . «

 

Die künstlerisch kreative Arbeit des Bildhauers im klassischen Sinne besteht, dem Stein gegenüber zuerst eine Formvorstellung zu entwickeln. Diese wird anschließend in einem lediglich handwerklichen Prozess einem Steinrohling abgerungen. Dabei wird Substanz bewusst und berechnend in diversen Techniken abgetragen bis die avisierte Form übrig bleibt.

 Einerseits folge ich diesem Schema, mit einer besonderen Abweichung. Anfangs bearbeite ich den amorphen Steinrohling eher improvisierend, unbewusst und assoziativ ohne oder nur mit sehr vager Gestaltvorstellung. Nach und nach entwickeln sich in eher spielerischer intuitiver Bearbeitung Konturen, formale Strukturen, Texturen, Entsprechungen, Analogien, und Abstraktionen. Immer wieder eröffnen sich dabei neue Aspekte, auf die wiederum unterschiedlich reagiert werden kann. Mal früher mal später kommt dann der Moment der Entscheidung, welche Ausdrucksgestalt das Kunstwerk annehmen kann. In der sich anschließenden Phase setzt dann der anfangs beschriebene eher handwerklich orientierte Arbeitsprozess ein. (Interessant  auch das Beispiel zur Skulpturentstehung auf dieser Homepage)

 Meine Intention ist es, Zustände und Prozesse des Menschlichen – im weitesten Sinne auch Organischen – poetisch abstrakt darzustellen und dadurch ihre Ausdruckskraft zu intensivieren und ihnen eine größere Wahrhaftigkeit zu verschaffen. Auch frei formale Kompositionen können beabsichtigt sein, die abstrakt biomorphe Figurierung transzendieren.

 Diesem kreativen Prozess verdanken sich meine Skulpturen, mal komplexer in sich verschlungene Figurationen, mal in klarer schlichter Linienführung. Sie appellieren an den Betrachter, sich auf sie einzulassen, Anknüpfungspunkte zu finden, innere Beziehungen zu entdecken, unterschiedliche Lesarten in Erwägung zu ziehen und ein Kunstwerk so für sich entstehen zu lassen. Ganz im Sinne eines  „offenen Kunstwerks“ wie es in der Theorie der Ästhetik in den 60er und 70er Jahren formuliert wurde.

 Diese grundsätzliche Einstellung zur Kunst verweigert sich zunächst konkreten vorgegebenen Themen. Ohne dabei einer Beliebigkeit der Interpretation Vorschub zu leisten, weisen allerdings einzelne Skulpturen Plausibilitäten auf, die sie geeignet erscheinen lassen, sich mit ihnen auch in diversen thematischen Zusammenhängen zu beschäftigen. Denn: gute Kunstwerke haben nicht nur ein Thema, sondern viele Dimensionen, die der geneigte Betrachter entdecken, sich ihnen annähern und in die er sich vertiefen kann. Meine Skulpturen sollen die Blicke öffnen, für neue und persönliche Empfindungen, Erfahrungen und Erkenntnisse, die individuell sehr unterschiedlich sein können und sollen.
Ich verwende für meine Arbeiten in der Regel Steatit, kalkhaltigen Stein, landläufig Speckstein, der in unterschiedlichen Härtegraden weltweit abgebaut wird.

Der persönliche Hintergrund:
Jahrgang 1954. Abschluss einer akademischen Ausbildung als Lehrer für Deutsch und Philosophie. Nebenbei seit der Jugend konstante und intensive Beschäftigung mit bildender Kunst, Jazz und klassischer Musik. Ich kenne die Geschichte der Jazzmusik sehr gut, spiele Saxofon und ich glaube, dass musikalische Parameter wie z.B. Rhythmus, Melodie, stakkato, legato usw. durchaus geeignet sein können, mit skulpturalen Objekten in Zusammenhang gebracht zu werden.
Der Impuls zur aktiven gestalterisch künstlerischen Arbeit stellte sich erst Anfang der 90er Jahre nach einer Reise zu dem Skulpturenpark Jean Arps in Locarno ein. 

Armin Kayser (2022)